Meine Mutter arbeitete während meiner Kindheit als Zahnärztin in der Clara-Zetkin-Poliklinik in Lutherstadt Wittenberg. Für mich als Kind bedeutete das, dass mir die Schulspeisung erspart blieb, denn die Kinder der Poliklinikmitarbeiter durften mit in der dortigen Betriebsküche essen. Da das Schulessen der 60er Jahre nicht so prickelnd war, hatte das schon ein paar Vorzüge. Allerdings gab es trotzdem ein Problem, denn die Essensversorgung für die Poliklinikmitarbeiter begann ihre tägliche Öffnungszeit um 11.30 Uhr und wir Kinder kamen immer erst gegen 13.00/14.00 aus der Schule. Alles was mit Eintöpfen zusammenhing, hatte zu diesem Zeitpunkt schon merkwürdige Konsistenzen angenommen. Graupen im Graupeneintopf waren auf die Größe von Kälberzähnen herangequollen, Brühkartoffeln, Kohleintöpfe, Reiseinlagen und eben auch Kohlrübeneintopf hatten breiige Konsistenz angenommen. So habe ich lange Jahre danach noch immer erhebliche Probleme mit verschiedenen Eintöpfen, obwohl ich natürlich intellektuell sehr wohl weiß, dass sie bei guter Zubereitung durchaus essbar sind. Mein Eintopfvokabular beschränkt sich auf Erbsen- und Kartoffelsuppe, wenn sie püriert sind, Linsen süßsauer und Nudelsuppen, wobei ich die Nudeln getrennt von der Brühe reiche, so dass beide Komponenten erst auf dem Teller zueinander finden. Steckrüben oder auch Kohlrüben habe ich fast ein halbes Jahrhundert ignoriert. Da kamen üble Geschichten aus der Kriegsgeneration zusammen mit eigenen schlechten Erfahrungen. In einem Anflug von Abenteuerlust habe ich jetzt mal eine erworben und probiert, was man damit so anfangen kann. Zum Glück hatte ich alles, was der Kriegsgeneration nach dem Kriege fehlte: Butter, Zucker, Salz. Mehr braucht es nicht, um ein wirklich leckeres Gemüse herzustellen. Im günstigen Falle noch etwas glatte Petersilie.
Greulichs Kochblog Zutatenliste
500 g Steckrübe
35 g Butter
1/2 TL Salz
1/2 TL Zucker
glatte Petersilie
Schneiden Sie die geschälte Steckrübe in feine Scheiben von 2-5 mm Dicke. Verteilen Sie die Scheiben in einer möglichst großflächigen Pfanne mit der Butter und schalten Sie die Kochstelle auf mittlere Hitze. Wenn es zu brutzeln anfängt, streuen Sie das Salz und den Zucker darüber. Wenden Sie häufig und mischen Sie immer alles durcheinander, so daß die Steckrübenscheiben eine goldgelbe Färbung und anden Rändern eine leichte Karamellbräune annehmen. Nach ca. 15 min ist das Gemüse al dente. So ist es richtig. Dann vom Herd nehmen und die grob gehackte Petersilie darüber streuen. Mit einem Schnitzel z, B, kann man die Steckrüben auch statt Bratkartoffeln essen.
Bernhard Seipt
Hallo Micha,
tatsächlich hat die einst so verschmähte Steckrübe oder auch Kohlrübe seit den 90er Jahren wie auch andere Wurzelgemüse (Pastinake, Rote Bete, Topinambur, Petersilienwurzel) in den Küchen mit Recht eine beachtliche Renaissance erfahrehren.
Ich habe mit folgendem Rezept als Beilage gute Erfahrungen gemacht:
Glasierte Steckrübenspaghetti
4x
1 Steckrübe, ca. 400 g
50 g Orangenhonig
1 Schote Vanille de Tahiti
150 ml Portwein, weiß
200 ml Geflügelfond
1 Bund Schnittlauch
100 ml Sahne
Salz, Pfeffer
2 Sternanis
• Die Steckrübe waschen, schälen und mithilfe einer Gemüsespaghetti-Maschine zu langen Fäden schneiden.
• Den Honig in einer Pfanne erhitzen und die Steckrübenspaghetti darin anschwitzen.
• Die Vanilleschote der Länge nach aufschneiden und das Mark auskratzen. Sternanis, Vanillemark und -schote zu den Steckrübenspaghetti geben und mit weißem Portwein ablöschen.
• Den Geflügelfond und die Sahne angießen. Die Steckrüben bei mittlerer Hitze weich kochen und mit Salz und Pfeffer würzen.
• Den Schnittlauch in feine Röllchen schneiden. Zwei Esslöffel davon und Butter unterrühren.
Tipp:
Das geht auch mit Steckrübenbandnudeln.
Dazu eine Steckrübe in Scheiben von einer Breite schneiden, die die Bandnudeln haben sollen.
Mit einem Sparschäler die Scheiben rundherum in lange Streifen schneiden.
Weiter wie o.a. verfahren.
Natürlich kann man die Steckrübe auch einfach würfeln oder in Stäbchen schneiden. Es geht ja um den Geschmack.
Die Vanilleschote kann man übrigens nach Gebrauch abwaschen, trocknen, in einem Schraubglas aufbewahren und lt. Alfons Schuhbeck bis zu 100x zum Aromatisieren von Speisen wiederverwenden.
Da darf es schon mal die etwas preisintensivere Tahiti-Vanille sein.
Ich habe dieses Gemüse erstmals zu rosa gebratener Entenbrust mit Portweinkirschen zubereitet, und es war ein voller Erfolg.
In kulinarischer Verbundenheit
Bernhard