Am 6. Oktober dieses Jahres lässt uns Hans-Heinrich-Weyer wissen, daß die Weinlese im Weingut Lauermann & Weyer in Bockenheim an der Weinstraße erfolgreich abgeschlossen wurde. Am Nachmittag desselben Tages findet beim Weinhändler Lars Gärtner eine „Nachlese“ statt. Im Garten türmen sich Kisten mit unterschiedlichsten Weinen, Tische und Bänke laden dazu ein, sich niederzulassen. Auch eine kleine Reihe von Winzern ist hinter den Ständen anwesend, nicht soviel wie beim traditionellen Frühlingsfest, was Wunder, um diese Jahreszeit haben Winzer in der Regel alle Hände und Fässer voll zu tun. Beate Ruderisch lädt Constantin und mich zunächst auf eine Probe verschiedener Sekte ein, irgendwie muss man ja reinkommen in das Thema Wein. Wir reden über einige Neuheiten im Angebot, über das Wetter und die Weinernte und irgendwann kommt Lars Gärtner dazu und weist uns auf die vinologisch verrückten Sachen des Jahres hin: „Die haben eine Chardonnay im Barrique ausgebaut“ und dann fällt er, der Name Johannes. Ich horche auf, Johannes Gröhl, den ich beim letzten Mal interviewt habe? Ist der da, den habe ich gar nicht gesehen. Nein, es geht um einen anderen Johannes, offenbar ist der Name unter Winzers Söhnen des Landes verbreitet.
Kurze Zeit später sitzt er an unserem Tisch, der Barrique-Ausbauer des unschuldigen Chardonnay: Johannes Hörner aus Knöringen an der südlichen Weinstraße tief in der Pfalz, 20 Jahre jung. 3 Jahre Winzerlehre hat er hinter sich, das handwerklich Patent des Winzers in der Tasche. Wie üblich hat er ein jedes Lehrjahr auf einem anderen Weingut verbracht, da war erst das Pfälzer Weingut Münzberg Gunter Keßler. Ein Weingut, über das man im Gourmet-Magazin „Falstaff“ nachlesen kann: “ Aber wenn man sich Wein zum Lebensinhalt auserkoren hat, dann betrachtet man die harte Arbeit als Leidenschaft. Und genau das leben drei Generationen Keßler vor.´“
Das zweite Lehrjahr absolvierte Johannes im Weingut Dr. Bürklin-Wolf, einem der größten Winzerbetriebe und größter selbstvermarktender Winzerbetrieb in Wachenheim an der Weinstraße. Ein weiteres Jahr verbrachte er schließlich im Weingut Heitlinger, einem der größten ökologischen Weinproduzenten des Landes gelegen im schönen Landstrich zwischen Karlsruhe, Heidelberg und Heilbronn.
Mit derlei Rüstzeug ist er
ganz schön machen lassen. Er sagt, er habe noch nie ein Problem mit den Eltern gehabt. Selbst als er den Wunsch nach Barriques geäussert hat und davon sogar noch eins gesmoked erwünschte, sind sie seinen Ideen gefolgt und haben den nicht gerade kleinen Anschaffungspreis locker gemacht. Und so suchen sie gemeinsam nach einer guten Balance zwischen Neuem und Klassischem. Vom Grauburgunder über den Riesling bis hin zum Spätburgunder gibt es mittlerweile die nach dem Sohn benannten Weine, die sogenannte „JoHannes“-Linie, bestehend aus 16 verschiedenen Weinen, für deren Aufrechterhaltung sogar Weine dazu gekauft werden, weil die Rebfläche soviel Wein gar nicht hergibt.
Johannes findet, daß gerade die Weine in den Literabfüllungen süffig sein müssen, Spaß machen sollen. Das alles habe ich schon mal gehört, von Winzern, die schon ein paar Jahre länger erfolgreich im Geschäft sind und so lässt die Aussage für mich den Schluss zu, daß der junge Mann wohl ganz gut auf dem Weg ist. Und so erleben wir auch die Weine, die wir verkosten, den 2017 Grauburgunder QbA trocken „JoHannes“ in der Literflasche, den 2017 Weißburgunder QbA trocken „JoHannes“ und später auch den 2017 Riesling QbA trocken „JoHannes“, auch alle im Liter abgefüllt. An ihnen kann man Rebsorten unterscheiden lernen, klassische Weinkunde betreiben, da kann ich Johannes nur zustimmen.
Nach Geisenheim an die Hochschule zieht es Johannes noch nicht, er findet, erst mal genug Schule hinter sich zu haben und überhaupt, wenn schon ein Studium, dann eher etwas technisches, daß er dann auch im Weingut anwenden kann. Und eigentlich findet er das auch gar nicht gut, daß Geisenheim so eine Art Gruppenmuß unter den Nachwuchswinzern ist. Das alle da hin „müssen“, das findet er schlimm.
Als Johannes wieder an den Stand zu seinem Vater zurück gekehrt ist, nimmt ein pfeiferauchender Carsten Bus, Chef des in der 7. Generation bestehenden Weingutes Bus Insheim in der Pfalz an unserem Tisch Platz. Die Weine aus diesem Gut haben gerade die Mitglieder meiner Kochgruppen reihenweise zu Lobeshymnen hingerissen, weil sie so unglaublich lecker sind. Die größte Furore hat ein 2017 Goldmuskateller QbA feinherb „Exotik“ ausgelöst, Wein, der zu ganz vielen Desserts passt, wie die berühmte Faust aufs Auge. Wir reden ein wenig über dies und das und natürlich über Wein und das 2018er Wetter und über die Zusammenhänge zwischen beiden und vereinbaren schließlich ein ausgiebiges Interview beim Frühlingsfest 2019. Beate wird mir später sagen, daß Carsten Bus mit mir an diesem Tag schon mehr geredet hat, als mit ihr im ganzen ersten Jahr der Bekanntschaft und Geschäftsbeziehung.
So sind sie eben, die Leute und die Weine, das Wetter und die Worte, am besten bunt und vielfältig. Das Weinjahr 2018 neigt sich seinem Ende zu. Dann mal Prost auf ein Neues.