Es ist ein Jahr, da die graue kalte Jahreszeit unmittelbar und mitten im April hochsommerliche Züge angenommen hat und der April nahezu in Gänze so tut, als sei er der Juni. Und das Ganze setzt sich in den ersten Maitagen so fort. Beste äußere Bedingungen also für das Gärtnerische Frühlingsfest, man lässt sich im Grünen nieder, genießt die Sonne und das Rauschen der saftig grünen Laubbäume und lässt sich mit feinsten Tröpfchen bedienen. Wer will, kann fürs Jahr seinen Lieblingswein erkosten, sich ein paar Kistchen davon bestellen, so, dass man eben bis zum nächsten Frühlingsfest kommt. Für mich ist es freilich am Anfang immer noch ein wenig Arbeit, 1-2 Interviews führen, sich bei den Weingütern auf den neuesten Stand bringen lassen, ein paar Notizen zu Verkostungsergebnissen – all die Dinge, die es braucht um schließlich diesen Bericht hier erstellen zu können.
Freund Henning Stoerk hilft beim Kosten
Gastkoch Bernhard gehört auch zum Team
Aufstellung im Runde des gärtnerischen Gartens hatten die üblichen Verdächtigen genommen, Marcel Schulze, Saale-Unstrut, Weingut Gröhl, Rheinhessen, Weingut Lauermann&Weyer aus der Pfalz, Schloss Schönborn aus dem Rheingau und Weingut Peitz von der Nahe. Schließlich Campagne Castelnau Frankreich, Conciliio Italien und die Vertretung für weitere Weine aus Frankreich, Italien, Portugal, Spanien und England und die Vertretung für Mionetto, Alfred Gratien, Gratien Meyer, Wodka Gorbatschow, Fürst Metternich und Menger Krug. Unmöglich, alles zu kosten, wenn man nicht den Besuch des Notarztes riskieren will. Man muss Schwerpunkte setzen.
Weinhändler Lars Gärtner
Weinhändlerin Beate Ruderisch
Meinen Bericht vom Vorjahr habe ich mit dem Versprechen beendet, Ihnen in diesem Jahr etwas über Johannes Gröhl zu erzählen, inzwischen 19 Jahre jung, Spross der Winzerfamilie Gröhl, aufgewachsen zwischen Weinreben und Barriquefässern in einer Familie, die in der 12. Generation Wein erzeugt. Im vorigen Jahr war das Thema New Generation ein wenig in meinem Fokus und dieser Johannes ist auch ein typischer Vertreter. Als Schulkind durfte er schon einer Cuvée seinen Namen geben, Cuvée „Johannes G“, ein Qualitätswein trocken, im Holzfass gereift, Cuvée von Cabernet Sauvignon, Merlot und Spätburgunder, der elegant mit Beerenaromen daherkommt.
Johannes Gröhl
Mit knapp 18 hat er sein erstes eigenes Produkt kreiert, gemeinsam mit seiner 2 Jahre älteren Schwester Franziska, ein Duo secco rot und weiß, genau das Richtige für die sommerliche Party.
Wir beginnen unsere Verkostung mit zwei Rieslingen von Gröhl und Johannes erzählt mir, dass Riesling wegen seiner Mineralität seine Lieblingsrebsorte ist. Der 2017 Riesling Qw trocken „Alte Reben“ aus der Oppenheimer Lage „Sackträger“ besticht mit seiner süffigen Säure und mineralischer Fülle. Nicht wirklich verwunderlich, ist doch die Lage Sackträger eine der besten deutschen Rieslinglagen. Die Reben gedeihen seit 46 Jahren auf dem dort zu findenden Kalk-Mergel-Gehängelehm-Boden.
Für die weitere Verkostung bringt Johannes eine 1,5 l Magnumflasche 2017 Riesling Kalkmergel trocken Qw OPPENHEIMER HERREN. Bei der Beurteilung dieses Weines aus dem Jahrgang 2016 haben sich die Bewertungen fast überschlagen. Ohne Frage, mehr Riesling geht nicht: Mineralität, Fruchtigkeit, Ausgewogenheit zwischen Säure und Süße – alles vom Feinsten.
Nebenbei erfahre ich von Johannes, dass er im vergangenen Jahr die Schule mit einem Fachabitur beendet hat. Für ein vollständiges Abi habe die Lust auf Schule nicht mehr gereicht. Er wollte ran, an die Traube, praktisch arbeiten und nicht noch irgendwas lernen, was man sowieso nie wieder braucht. Nein, nicht noch ein Jahr. Er begann die Ausbildung zum Winzer, das erste Jahr im elterlichen Gut und nun ist er für das zweite Jahr zum Weingut der Brüder Rings in die Pfalz gewechselt. Da passt er gut hin, die Brüder sind auch noch jung, der Jüngere keine 30 und an ihren Weinen kann schon keiner mehr, der über Wein mitredet, vorbei.
Im dritten Ausbildungsjahr will er dann zu Rotwein-Großmeister Philipp Kuhn wechseln, einem Winzer, der u.a. dafür bekannt ist, dass er vor ein paar Jahren einen Ehrenpreis des VdP bekam, weil alle seine eingereichten Rotweine den Weg in das Finale geschafft hatten. Das hat vor Philipp Kuhn noch kein anderer geschafft.
In der Gärtnerischen Degustationsliste fällt uns der Name eines Rose von Gröhl auf, „SinnesRausch Rose Qw trocken Gutswein“. Den wollen wir natürlich probieren und Johannes erzählt uns, dass seine Mutter an diesem Wein „schuld“ sei. Sie habe sich darüber geärgert, dass es immer nur halbtrockene Rose Weine gab. Sie habe zu Ihrem Mann gesagt: „Ekki, mach doch mal einen trockenen Rose.“ Die Erfahrung mit dem fertigen Produkt aus Cabernet Sauvignon, Merlot und Spätburgunder habe dann den genannten Zustand hervorgerufen und so sei der Wein zu seinem klangvollen Namen gekommen. Er schmeckt nach reifen Beeren und besticht durch seine elegante und frische Spritzigkeit. Gute Wahl für den berühmten sommerlichen Terassenabend mit Freunden, der zur Not auch schon mal mittags beginnen darf.
„System Gröhl“ – Leicht am Etikett erkennbar: Gutsweine, Ortsweine, Lagenweine (v.l.n.r.)
Ich frage Johannes noch nach seiner weiteren beruflichen Zukunft. Das Schlagwort Geisenheim wird schnell genannt. Geisenheim, da sind sie alle, da ist auch derzeit schon seine Schwester. Hochschule Geisenheim, die mit ihrem einzigartigen Profil alles ausbildet, was es im Weinbau, im Gartenbau und in der Getränkeforschung zu etwas bringen will. Und dann sieht er sich natürlich irgendwann mal mit seiner Schwester gemeinsam Verantwortung im Weingut der Eltern übernehmen. Generation 13 und ich denke über die Dialektik von väterliche Erwartungen und den Segen, so früh einen Weg durchs Leben angeboten zu bekommen, nach und über die Anfechtungen, die das Leben so bereit hält, wenn Johannes vielleicht eines Tages an der Hochschule der Tochter irgendeines anderen Superwinzers begegnet, der in der Hoffnung lebt, dass seine Tochter eines Tages sein Weingut weiterführt. Werden die „geilen“ rheinhessischen Rieslinge mit ihrer Mineralität und die Spätburgunder, die man „wie eine Lady behandeln muss“, dann noch genügend Anziehungskraft behalten? Schließlich – ich kämpfe mit einem kleinen Hustenanfall- steht Johannes, der Jungwinzer, auf und sagt: „Ich hab schon verstanden, ich hole eine neue Flasche.“
mit Praktikantin Milena
Im Verlauf des weiteren Nachmittags gibt uns auch Saale-Unstrut-Winzer Marcel Schulze die Ehre. Aus meiner Affinität für seine Weine habe ich nie ein Geheimnis gemacht und ein Gutedel QbA trocken vom Naumburger Sonneck liegt immer in meinem Weinregal. Wenn Beate Ruderisch und Lars Gärtner irgendwann mal die letzte Kiste des laufenden Jahrgangs verkaufen, ohne mich vorher zu fragen, ob ich sie nicht haben will, dann kündige ich ihnen die Freundschaft.
Auch in diesem Jahr wurde Marcel Schulze wieder mit goldenen DLG-Preisen überhäuft und darüber hinaus auf einer feierliche Preisverleihung in Stuttgart mit Bundesehrenpreis 2017 geehrt, der höchsten Auszeichnung der deutschen Weinwirtschaft .
Wir kosten einen 2017 Cabernet Blanc QW trocken Bad Kösener Schöne Aussicht. Der Vorjahreswein wurde „vergoldet“ und war im Handumdrehen ausverkauft. Die ausgewogene Säure, die Fruchtigkeit und das für Cabernet sortentypischen Paprikaaroma spüre ich jetzt nach Tagen noch auf meiner Zunge. 2017 Traminer Auslese lieblich Bad Kösener Schöne Aussicht und 2015 Traminer Auslese trocken Bad Kösener Schöne Aussicht, Weine, die jetzt erst ins Angebot von Lars Gärtner kommen werden, die Sie sich aber schon mal vormerken können. Das verrate ich Ihnen jetzt schon als so eine Art Geheimtipp. Grandiose Aromen, hinreissend! Dass wir auch vom Marc de Riesling Brand 3 Jahre Eichenfass 40% nicht lassen konnten, verrate ich Ihnen nur noch hinter vorgehaltener Hand und bedecke es dann mit dem Mantel des Schweigens, der immer auf den späteren Teil der Veranstaltung gehört.
Trester vom Gelben Muskateller mit Klebeetikett, Hans-Heinrich, Henning und ich
In diesen Teil des Nachmittags gehört auch die immer wieder tolle Begegnung mit dem charismatischen Pfälzer Hans-Heinrich Lauermann, mit dem wir Diverses gekostet haben und nicht zuletzt auch den von mir geliebten Tresterbrand vom Gelben Muskateller, aber da haben wir die Notizen schon Notizen sein lassen. Übrigens darf Letzterer nicht mehr mit dem Umhänge Etikett an der Schnur verkauft werden. Statt dessen muss ihm ein Etiektt aufgeklebt werden. Es könnte ja jemand mit dem Etikett manipulieren…
Da sei nun wirklich mal Weingott Bacchus vor!