Wenn es darum geht, eine gute Pizza zu machen, scheiden sich die Geister. Eine richtig gute Pizza verlangt ein paar handfeste Entscheidungen.
Das fängt mit dem Mehl an. Mit dem üblicherweise in Deutschland verkauften Mehl bekommt man eine wirklich gute Pizza kaum hin. Deutsche Mehle besitzen anders als z.B. ihre italienischen Vertreter weniger Gluten. Hinter dem Begriff Gluten verbirgt sich das Klebeeiweiß welches beim deutschen Mehl mit einem Anteil von 7% bis 9% vorkommt. Für einen Pizzateig, den man extra dünn ausrollen möchte, ist das zu wenig. Optimal für solchen Teig ist ein Mehl mit einem Eiweißgehalt von ca.12 %-14 %. Es empfiehlt sich also ein spezielles Pizzamehl zu beschaffen. Einen optimalen Glutenanteil hat kanadisches Manitoba-Mehl, welches jedoch in Europa verhältnismäßig teuer ist. Achtung bei hier verkauften Mehlen mit der italienischen Typenbezeichnung TIPO 00. In Italien gibt es TIPO 00 Mehl speziell für Pasta, fürs Brotbacken, und eben für Pizza. Wenn sie in Deutschland TIPO 00 Mehl kaufen, heißt das leider noch lange nicht, dass es speziell für Pizza ist. Der einzige Weg ist, nach dem Eiweißanteil zu schauen und das Mehl danach auszuwählen.
Nach langem Suchen habe ich mich schließlich entschieden, Manitobamehl im 10 Kg Sack zu kaufen, wofür man ungefähr 35 EUR ausgeben muss. Das ist nicht wenig, denn hiesiges Mehl bekommt man schon für ein Zehntel des Preises, doch das Backergebnis rechtfertigt den höheren Preis.
Übrigens wird ja genau dieses Gluten bei Menschen mit der Autoimmunerkrankung Zöliakie für die Entzündung ihres Dünndarmes verantwortlich gemacht. Neuere Forschungen haben gezeigt, dass möglicherweise nicht das Gluten schlechthin der Verursacher der Erkrankung ist, sondern die heutzutage beim industriellen Backen verbreiteten kurzen Teigführungszyklen eine Hauptursache des Leidens sind. Mit anderen Worten, wenn der Teig wie früher beim handwerklichen Backen lange und langsam genug gehen kann, ist er wesentlich bekömmlicher. Das würde auch erklären, warum die Erkrankung früher eine deutlich geringere Rolle gespielt hat, als das heute der Fall ist. An dieser Stelle der Hinweis, dass die Herstellung hausgemachter Pizza einen Tag vor dem Verzehr beginnt, damit der Teig lang und kalt geführt werden kann.
Damit zurück zu unserem Pizzateig.Das Ganze geht so: In 300 ml lauwarmem Wasser werden 15-20 g frischer Backhefe und 10 g Zucker aufgelöst. Anschließend 500 g Pizzamehl und zum Schluss 2-3 EL Olivenöl und einen guten Teelöffel Salz darunter kneten. Den Teig, wenn alles gut vermischt ist, am besten noch einmal von Hand gut durchkneten. Er muss dabei zu einer einheitlichen Teigkugel werden und soll, wie mein Sohn Constantin immer sagt, an die Konsistenz einer Frauenbrust erinnern. Um ihn nun richtig langsam gehen zu lassen oder wie es in der Fachsprache heißt, kalt zu führen, gehört er am besten für eine ganze Nacht in den Kühlschrank. Dabei muss er vor dem Austrocknen geschützt werden und genug Platz haben, denn auch in der Kälte nimmt früher oder später sein Volumen erheblich zu. Das geht nach unseren Erfahrungen am besten, wenn man ihn in eine erheblich größere Gefriertüte mit Reißverschluss gibt. (z.B. 3 l Tüte) Die Kälte bewirkt, dass die Gärung langsam und verhalten aber eben auch gründlich vor sich geht und der Teig mit kleinen festen Bläschen aufgeht.
Wenn der Teig ausreichend gegangen ist, optimal wären wohl 12-24h, kann er belegt und gebacken werden. Mit der Belagfrage werden wir uns später auseinandersetzen. Kommen wir zunächst zum Backen. Für einen knusprigen Pizzateig ist eine große Unterhitze entscheidend. Ideal wären eigentlich ca. 400 °C Backtemperatur, wie z.B. der Lehm Ofen sie erzeugt. Diese Temperatur erreichen die meisten Haushaltsbackherde nicht. Mein Backherd erreicht die zwar, aber leider nur im Selbstreinigungsmodus. Im Backmodus kommt mein Herd auch nur auf 300 °C und schon das ist nicht bei allen Backherden der Fall. Man kann diesen Mangel ein wenig ausgleichen, wenn man einen Backstein verwendet. Diese werden im Fachhandel für ziemlich viel Geld angeboten, ich habe mir einfach im Baumarkt eine Gehwegplatte aus Granit für 2-3 EUR gekauft, die tut es auch. Die Nutzung der Platte ist allerdings mit einem erheblichen Energieverbrauch verbunden. Das Prinzip ist, die Platte mit höchstmöglicher Temperatur soweit aufzuheizen, dass Sie im Moment der Platzierung der zu backenden Pizza auf ihr ganz viel Hitze direkt an den Teig weitergibt. Der Verzicht auf diesen Energieverbrauch heißt nach unserer Erfahrung nicht, dass die Pizza dadurch misslingt. Also auch mit 300 °C lässt sich ein gutes Ergebnis erzielen. Backzeit bei dieser Temperatur natürlich in Abhängigkeit von Belag, Teigdicke und gewünschtem Knusprigkeitsgrad 12-20 min.
So, und nun zum Belag. Auch da kann viel falsch gemacht werden.
Grundlage des Belages bei fast allen Pizzen ist die Tomatensauce. Wir stellen die mit einer kleinen Dose Tomaten her. Diese Tomaten sind eines der ganz wenigen Gemüse, das ich aus der Dose verwende. Dazu werden benötigt
3 EL Olivenöl
2 Schalotten
1-3 Knoblauchzehen
1-2 Sardellenfilets
10 Kapern, Größe: Capotes
1 EL dreifach konzentriertes Tomatenmark
1 Lorbeerblatt
1 Stück Habaneroschote
0,1 l Orangensaft
Salz, Zucker und Pfeffer
Kräuter wie Oregano, Thymian, Majoran, o.ä. n.B.
Die klein gewürfelten Schalotten, den Knoblauch, Sardellen, Kapern und Chillischotenstück im Olivenöl anschwitzen. Dann das Tomatenmark und Lorbeerblatt dazugeben. Alles unter Rühren leicht anrösten lassen. Schließlich die Tomaten aus der Dose und den Orangensaft dazu geben. Alles ca. 30 min ohne Deckel bei geringer Hitze köcheln lassen. Dann das Lorbeerblatt herausnehmen und alles mit dem Pürierstab zu einer homogenen Sauce pürieren. Gegebenenfalls noch bei kleiner Hitze weiter reduzieren. Mit Salz, Zucker und Pfeffer abschmecken und nach Bedarf die Kräuter hinzufügen.
Die Menge reicht bei uns in der Regel für mindestens 2-3 Bleche Pizza. Nicht verbrauchte Reste lassen sich bedenkenlos für das nächste Pizzabacken einfrieren. Übrigens gilt das auch für den Teig, so dass ich mittlerweile dazu übergegangen bin, Teig gleich in größerer Menge herzustellen und dann portionsweise einzufrieren.
Was den übrigen Belag anbelangt, so ist es vor allem eine Frage der Reihenfolge und des Zeitpunktes des Belegens.
Direkt nach der Sauce wird der Käse aufgebracht, im allgemeinen Mozzarella und zum Würzen möglicherweise etwas frisch geriebener Parmesan. Ausnahmen sind natürlich Pizzen, die bestimmten anderen Käsesorten gewidmet sind, wie z.B. die Quattro Formaggi. Ebenfalls zugleich mit dem Käse werden Gemüse mit viel Flüssigkeit, wie Tomaten, Pilze und Zwiebeln aufgelegt, ebenso Zutaten, die gut gebacken werden sollen, wie z.B. Salami und ähnliches. Zarte Schinkenscheiben, wie z.B. Serranoschinken müssen nicht gebacken sein, sondern sollen nur etwas erwärmt werden. Da genügt es, sie ein paar Minuten vor dem Ende der Backzeit aufzulegen. Pinienkerne, Nüsse u.ä.. schmecken frisch geröstet am besten, also gleich zu Beginn mit auf die Pizza oder, getrennt geröstet erst am Ende.
Dass frische Blattgemüse, wie Rucola und Kräuter erst nach dem Backen auf die Pizza kommen, versteht sich nun wohl von selbst. Der langen Rede Sinn liegt darin, das Bewusstsein für die Produkte zu wecken. Pizza von Anbeginn fertig machen und in den Ofen schieben ist eben keine gute Idee, jedem Produkt seine optimale Backzeit zuzuordnen, die deutlich bessere. Welches Geschmacksergebnis will ich erreichen? Da können trotz des allgemeinen Postulats „Käse gleich als erstes auf die Saucenschicht“ manchmal ein paar frische Parmesanspäne, nach dem Backen über das fertige Blech geraspelt, dem Backwerk durchaus auch das Besondere, das Edle, verleihen. Da sind Ihrer Phantasie keine Grenzen gesetzt. Und nun bleibt, Ihnen viel Spaß bei der nächsten Pizza zu wünschen.
Pizza mit Sücuk und Blattspinat