Im Frühsommer 2015 vereinbarten mein Lieblingsweinhändler Lars Gärtner (Greulichs Kochblog berichtete vom Sommerfest) und ich, dass ich ein paar seiner Weine verkoste und beurteile.
Gärtner stellte also einige Weine zusammen, verpackte sie in eine Kiste und beauftragte ein weltweit operierendes deutsches Logistikunternehmen damit, mir diese Kiste an meinem Urlaubsort in Litauen zu liefern. Leider kam sie dort nie an. Nach Sendungsverfolgung nahm das weltweit operierende deutsche Logistikunternehmen die Kiste in Berlin entgegen und verbrachte sie erst mal nach Potsdam. Von dort ging der optimierte Tranportweg nach Bremen und schließlich nach Nürnberg. Da verliert sich dann die Spur zum ersten Mal, irgendwann tauchte die Kiste in Vilnius auf , um von dort schon nach Wochen wieder bei den Gärtners in Altglienicke zu landen. Unzustellbar, Transportauftrag gescheitert. Zugegeben, wir wohnen nicht in Litauens Hauptstadt, zugeben, wir wohnen auch nicht mitten in einem Dorf, nein, wir wohnen an einer Milchkanne, die aber ist in Europa und hat eine Postadresse.
Ich verbrachte den Urlaub weinprobenlos und weitestgehend nüchtern. Die Kiste indessen wurde, wie sie stand und lag, mit gehöriger Verärgerung in einer Ecke des gärtnerischen Weinkellers vergessen. Das Tagesgeschäft wuchs über sie hinweg.
Als man sich ihrer auf mein Nachfragen zu Beginn des diesjährigen Sommers erinnerte, waren die meisten Jahrgänge bereits in erheblichem Umfang verkauft, heißt, nicht mehr zu haben, und wir warteten auf die neuen Jahrgänge zu.
Was nun tun mit der Kiste? Na, und da man ja nichts umkommen lassen soll, lies ich die Kiste diesmal aber in ein eigenes Fahrzeug laden und nach Litauen bringen, um mich ihrer im Urlaub des Folgejahres zu widmen. Und so machte ich mich im Sommer 2016 daran, die Weine unter Hintansetzung persönliche Vorteile Flasche für Flasche zu verkosten. Aus den Notizen, die ich mir dazu gemacht habe, hier ein kleiner Bericht, der vor allem ein bisschen Vorfreude und Neugier auf die nächsten Jahrgänge dieser Weine wecken sollte. Und vielleicht braucht ja der Eine oder Andere auch noch eine Empfehlung für einen guten Tropfen zum Fest.
Fangen wir an mit einem
Peitz Weißer Burgunder trocken 2013, Wallhäuser Backöfchen
Die bei Bingen in den Rhein mündende Nahe war nicht immer als eigenständiges Weinanbaugebiet anerkannt. Erst in den 70er Jahren fand sie Eingang in das Weingesetz. Neben dem allgegenwärtigen Riesling gedeihen an der Nahe vor allem Grau- und Weißburgunder. Der hier zu besprechende Wein wird am Wallhäuser Backöfchen auf einem Untergrund gezogen, der aus Terassensediment besteht. Ein vollmundiger Wein von schöner gelber Farbe. Er kommt recht voluminös und schmelzig daher und verfügt über eine gut eingebundene milde Säure. Er duftet nach einem Bouquet von Honigmelone und Kernobst und einem Strauss von Frühlingsblumen. Toller Wein für alle Gelegenheiten.
Aus Bockenheim in der Pfalz kommt der
Lauermann & Weyer Saint Laurent 2012 Bockenheimer Grafenstück
In Bockenheim beginnt die erste deutsche Weinstraße, die fast bis in den Elsass führt. In diesem 85 km langen Anbaugebiet gibt es diverse Böden, auf denen Trauben aller Art gedeihen. Saint Laurent, eine blauschwarze Rotweintraube, die mit Aromen nicht geizt und zur Burgunderfamilie gehört, wird in Deutschland nur noch auf geringen Rebflächen, von denen die Pfalz noch über den größten Teil verfügt, gezogen. Auf dem Bockenheimer Grafenstück ist ein Wein gewachsen, der ausgesprochen trocken und glasklar im Abgang ist. Ich schmecke schwarze Kirschen und schwarze Johannisbeeren und empfinde die Säure als wohltuend mild. 2012 war ein Top-Weinjahr, so gesehen ist das noch immer ein blutjunger Wein, der noch großes erwarten lässt.
Gröhl Grauer Burgunder 2012 trocken Rheinhessen
Aus der Zeit, als das Land von billigen Weinen aus Rheinhessen überschwemmt wurde, kämpfe ich noch immer mit meinen eigenen Vorurteilen zu allem, was Wein ist und aus Rheinhessen kommt. Tatsache ist allerdings, dass man -redet man über Qualtätsweine- Rheinhessen schon lange nicht mehr verschweigen kann. Neben einigen Traditionshäusern hat vor allem auch eine junge neue Winzergeneration den Weinen aus Rheinhessen zu einem unübersehbaren Qualitätssprung verholfen. Im Weingut Gröhl wird in der 12. Generation Wein angebaut und großer Wert auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit gelegt. Auf seinen 20 ha setzt Eckehart Gröhl auf kompromisslose Qualität seiner 19 angebauten Rebsorten. Sein Grauburgunder kommt frisch und saftig daher, duftig leicht mit fruchtigen Aromen von Birne und Quitte und einer leichten feinen Säure. Ein Wein, den man einfach gern haben darf.
Lauermann&Weyer Silvaner 2014 Bockenheimer Grafenstück
Auf dem Sommerfest der Gärtners hatte ich in diesem Jahr das große Vergnügen, mit Hans-Heinrich Weyer ein Interview zu führen und mit ihm auch ein paar Tropfen zu verkosten. Sein Credo sind ehrliche Weine, die Spaß machen. Genau so einer ist dieser Silvaner. An der Nahe wird im großen Stil Riesling angebaut, über den Silvaner sagt man, dass er gemeinsam mit Kerner,sie Weiß- und Grauburgunder „mit von der Partie“ sei, d. h.´, sie teilen sich die Hälfte der Rebflächen, die Riesling und Müller-Thurgau so übrig lassen. Dieser Wein ist leicht und spritzig und trägt das typische Bouquet seiner Sorte, Apfel, Birne, frisches Gras. Stoffig im Abgang, sehr präsent und würzig. Ein Wein, der seinen Mann steht.
Gröhl Portugieser Rosé 2014
Geht man der Frage nach, woher der Name des Blauen Portugiesers stammt, der Traubensorte, aus der dieser Wein erzeugt wurde, dann trifft man es wieder, dieses „die einen sagen so, die anderen sagen so“. Während einerseits behauptet wird, der Name stamme tatsächlich aus Portugal, sagen andere, das könne gar nicht sein, in ganz Portugal sei diese Rebsorte nicht bekannt. Ich für meinen Teil kann also die Frage nicht beantworten, denn um 1770, als diese Rebsorte erstmalig erwähnt worden sein soll, war ich definitiv nicht dabei. Die Blaue Portugier Traube wird häufig umghend oder nach kurzer Standzeit abgepresst und zu Weißherbst verarbeitet oder -wie hier eben- zu einem Rosé. Ein unkomplizierter, süffiger leichter Wein ist das Ergebnis. Frisch und blumig mit zurückhaltender Säure und ausgeprägter Restsüsse – so lässt er sich trinken, ohne viel Brimborium, einfach lecker.
Peitz Blauer Spätburgunder 2012 trocken
Ein typisches Rotweingebiet ist die Nahe wohl eher nicht, bei den wenigen Roten, die hier produziert werden, gehört Dornfelder und Spätburgunder ein Großteil des Terrains. Paula Bosch sagt, daß sich die Nahe-Weine dem Vergleich mit anderen Weinen Deutschlands entziehen. Sie hätten etwas Packendes, schwer Definierbares und daher herrlich Eigenes. Dem kann man nur zustimmen. Ein schimmernd leuchtendes Rot im Ansehen trifft auf einen Geschmack von starker Präsenz und Vollmundigkeit. Ich schmecke Himbeer und Lakritz. Schwache Tannine sorgen für einen weichen Abgang mit großer Fülle.