Der Bericht vom Sommerfest des Weinhandels „Gärtner & Söhne“

Am Vorabend des Gärtnerschen Weinfestes soll in der NDR-Talkshow die 75-jährige Fernsehlegende Frank Elstner Auskunft über die denkwürdigsten Erlebnisse seiner langen Fernsehlaufbahn geben.  Im  ersten Moment sagt Elstner: „die Tour mit den ABBAs,  die waren so herrlich normal“. Dann aber korrigiert er sich noch mal und sagt,  „vielleicht dann doch der Abend, als Jimi Hendrix in meiner Wohnung Gitarre spielte“.  Das war der Moment,  in dem jedem in der weitgereisten  Runde, selbst einem  Alfons Schubeck, der schon für die Beatles gekocht hat,  die Kinnlade runterkippte. Der Bericht von einem einsamen und etwas gelangweilten Jimmi Hendrix im Wohnzimmer. Was für ein Abend.

Am Morgen des nächsten Tages werde ich dabei sein,  wie unserem Freund Petr am Telefon mitgeteilt wird, dass seine Wohnung, fünf Minuten nachdem er sie verlassen hatte, um zu mir zu kommen,  lichterloh abgebrannt sei.  Petr sitzt kreidebleich und bewegungslos  in meinem Sessel und traut sich nicht, das Ungemach in Augenschein zu nehmen. Und schließlich werde ich  miterleben,  wie eine Stunde später mein Schwiegersohn Marek kommt und den Freund  in die Arme nimmt und ihm von der Polizei ausrichtet, er hätte keine Schuld an dem Brand, und dass er schon eine WhatsApp Gruppe gegründet und ein Spendenkonto eingerichtet hätte, um Petr mit neuen Sachen zu versorgen und seine Not zu lindern.

Leicht betäubt von diesen Erlebnissen gehe ich zum Gärtnerschen Weinfest, dem alljährlichen, und bin noch etwas durcheinander.

Beate Ruderisch und Lars Gärtner heißen mich willkommen. Wie immer fühle ich mich sofort gut umsorgt.

Sie hat alles im Blick:
Chefin Beate Ruderisch

Tapfer nehme mich meine „Arbeit“ auf und lasse mich ins Rheingau, nach Hattenheim entführen, da, wo zu beiden Seiten des Rheins das Domänenweingut Schloss Schönborn über 40 ha Rebfläche in ausgezeichneten Lagen von Rüdesheim bis Hochheim verfügt.

Besucher des Festes

Ich beginne mit einem 2004er Hattenheim Pfaffenberg Riesling Erstes Gewächs trocken. Er kommt im Glas mit satter gelber Farbe fast ein wenig ölig daher, verfügt über eine gut eingebundene Säure und entfaltet sich rund und vollmundig am Gaumen. Das reife Fruchtaroma erinnert mich an Honigmelone.

Ich verkoste noch zwei leckere weiße Burgunder und lasse mich dann aber zu einem Ausflug an die Loire hinreißen. Ein Gratien & Meyer Cremant de Loire Brut, sehr klar, sehr gerade, staubtrocken mit feinen Aromen, vielleicht  Äpfeln, Birnen, fast habe ich das Gefühl, der will sich so ein bisschen an der Zunge vorbeimogeln. Ich bleibe unterwegs, von Schloss Schönborn wird später noch mal zu reden sein.

Von der Loire ins Elsass koste ich zum Vergleich  einen Clerostein Auxerois Cremant d´Alsace AOC trocken, der sich in einem zarten Gelb mit feinen Perlen zeigt. Auch hier sehr feine Aromen, etwa von zarten weißen Blumen und Eleganz am Gaumen.

Hans-Heinrich Weyer und sein Werk

Die Pfälzer Hans-Heinrich Weyer und sein Bruder Hans-Jörg machen in diesem Jahr mit einer Neuerung auf sich aufmerksam, die unter dem Namen Weyer Edition daher kommt. Sie bricht mit Traditionen, setzt bewusst auf ein jugendliches Konzept, sowohl im Geschmack als auch im äußeren Erscheinungsbild und in den Bezeichnungen.

Als ich den ersten der drei Edition-Weine verkoste, entfährt mir ein „Wow“,.  „2016 FAB 2  Gewürztraminer und Riesling“ steht auf dem Etikett unter einem vignettenhaften Konterfei der beiden Brüder. Das FAB 2 ist eine Ableitung aus FAB 4 . Da kracht ein Fruchtaroma aus dem  Gewürztraminer,  fast ein wenig, wie parfümiert,  und das steht auf einem feinen und herben Säuregerüst des Rieslings. Alles das, was dem Gewürztraminer manchmal an Untergrund fehlt und was der Riesling manchmal an Säure zu viel hat, hier wirkt es in einer Balance von bislang ungekanntem Ausmaß. Für den bisherigen „NichtWeintrinker“ ganz gewiss eine Einstiegsdroge.

Die Nr. 2 der Edition ein 2016 Ro{3S}E Spätburgunder & Schwarzriesling & Saint Laurent. Drei rote Trauben, im Grunde weiß gekeltert, verleihen dem Wein eine zarte rosa Farbe, er  ist süffig, knackig und voller Schmelz auf der Zunge und mit seinem vollen Körper bleibt er lange am Gaumen.

Editionswein 3 trägt den Namen C-3Pinot – eine Ableitung aus dem C-3PO aus Star Wars und ist Barrique-Ausbau von Grauburgunder & Weißburgunder & Chardonnaytrauben. Herausgekommen ist ein  Wein, der sich ganz sanft auf der Zungenspitze festsetzt und sich dann fast wie eine Unterhaltung entfaltet mit seinen leckeren Burgunderaromen. Das schreit gerade nach noch einem Gläschen mehr. Der Ausbau im Barrique macht den Wein auch etwas teurer, als seine beiden Editionsbrüder, gleichwohl bleibt er etwas unter 10 EUR und das ist ein fairer Preis für so viel Wein.

Insgesamt eine Super-Idee super in die Tat umgesetzt. Das ist jung, das ist trendy, ein bisschen ausgeflippt, das macht Spaß, Hans-Heinrich Weyers bekanntes Motto „Wein muss Spaß machen“, jawohl das ist gelungen. Herzlichen Glückwunsch.

Das weckt natürlich die Neugier auf ein offenbar mit ähnlicher Zielrichtung aufgelegtes Projekt und so kommen wir, wie schon angekündigt, noch einmal zurück ins Rheingau ins Schloss Schönborn und zu  drei neonbunt bedeckelten Flaschen, die ihre Vermarktung unter dem Namen FIFTY-FIFTY erfahren.

Schlossherr Graf von Schönborn kann auf erste Erwähnungen seiner adligen Vorfahren im Jahre 1349 verweisen. Er hat nach 100 Jahren Fremdbewirtschaftung 2014 die Geschäftsführung des Weingutes übernommen, sich mit einigem unverschuldeten Ungemach herumschlagen müssen und ist mit neuer junger Führungsmannschaft ins Rennen gegangen. Neben dem Lagen im Rheingau gehören zum Unternehmen auch Weinlagen in Franken.

Florian Franke

Der gräfliche Kellermeister Florian Franke ist gern bereit, mir Rede und Antwort zu stehen. Er gibt gerne zu, dass ihm das FIFTY-FIFTY-Konzept seines Chefs Christian Valk zunächst nicht geheuer war. Umso mehr freut ihn nun, dass die Sache Fahrt aufgenommen hat und die bunten Flaschen sich zu einem echten Verkaufsrenner entwickelt haben.

Die Idee ist, aus Rheingau-Weinen und Franken-Weinen eine Cuvee herzustellen, die das Beste von beiden vereint und so zu neuen Geschmackshorizonten führt.

2015  FIFTY-FIFTY Cuvee weiß ist eine Komposition aus fränkischer Scheurebe mit ihren herrlichen frischen Aromen von Apfel und Zitrus  und Rheingau-Riesling mit Spritzigkeit und feinen Säuren. Locker, süffig, unkompliziert.

2015  FIFTY-FIFTY Secco Rosé  mit gleichen Gründen produzierte Komposition aus 100% Spätburgunder (50% Oestrich Doosberg; 50% Winkeler Dachsberg) Das Ergebnis ist feinperlig und Rosa, die Aromen erinnern an Kirschen und einen Anflug von Beeren. Dabei hält sich auch diese Komposition fern von allem, was schwer sein könnte, einfach lecker.

2015  FIFTY-FIFTY Secco ist der Dritte im Bunde, bei dem Riesling die Grundlage ist und damit sind natürlich Apfelaromen im Spiel. Das Ergebnis nicht minder spritzig und süffig.

Auch diese Kollektion ein tolles Produkt. Alsbald sind Hans-Heinrich Weyer und Florian Franke in eine Diskussion vertieft. Wozu? Na klar, zum Thema Wein. Man kennt sich, hat zusammen studiert, das ist geblieben. Meine Frage, ob die jungen Herren einander als Konkurrenten wahrnehmen würden, wird vehement verneint. Sie respektieren einander, lernen voneinander, zollen der Leistung des Anderen ihre Anerkennung. Es eint sie, dass sie sich der jungen, der neuen Generation zugehörig fühlen.

Ebenfalls New generation: Lars Gärtner

Irgendwie wird es das Thema des Abends bleiben, The new generation. Inzwischen ist die Nacht über dem Gärtnerschen Anwesen hereingebrochen, als Florian Franke mich an den Stand der Gröhls aus Rheinhessen lädt. Da lerne ich dann auch noch Johannes Gröhl kennen, der die neue Generation im Weingut Ekkehard Gröhl in Weinolsheim verkörpert.

Johannes Gröhl

Aber es ist spät geworden und es ist einiger Wein geflossen. Längst ist aus der Arbeit Vergnügen geworden.  Von Johannes Gröhl erzähle ich Ihnen vielleicht nach dem nächsten Sommerfest. Beim Weinhändler Gärtner. In Altglienicke.

Weinexpertin von morgen?

 

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